Was nun?

Im Februar 2018 trat der Tod in mein Leben. Hat sich in unser Leben gedrängt. Laut und gnadenlos. Seither ist alles anders. Einfach ALLES! Ich habe geschrien, daran kann ich mich noch erinnern und ich glaube, ich habe seither nicht damit aufgehört. Innerlich schreie ich noch immer. Ununterbrochen.

Im Alter von nur 21 Jahren kam mein Bruder bei einem Unfall ums Leben und brachte den Tod zu mir, mit allem was dazu gehört. Man könnte sagen, er ist ein Teil von mir geworden. Ein Teil meines Lebens. Des Lebens, das ich versuche zu meistern. Ein Teil des Alltags, den es zu bewältigen gilt, auch dann, wenn die Trauer mich gerade fest im Griff hat. Ich versuche Wege zu finden mit meinem Schmerz umzugehen, ihm einen Platz zu geben. Das mache ich mitten in einer Gesellschaft, die – wie ich glaube – verlernt hat, wie es ist dem Tod ein wenig unserer Aufmerksamkeit zu schenken.

Oft frage ich mich, wie es dazu gekommen ist. Der Tod ist doch ein Teil von Leben. Eigentlich hat er schon immer dazugehört. Wir können uns dem nicht entziehen. Niemand kann das. Und trotzdem scheinen wir in einer Welt gefangen, die in erster Linie laut ist. Laut und schnell und von einem zum nächsten, immer und immer wieder. Was uns heute aufrüttelt, berührt oder gar empört, scheint morgen schon wieder Geschichte zu sein. Eine Schlagzeile jagt die nächste, kaum nehmen wir uns dabei Zeit, um einmal innezuhalten und zu verschnaufen.

Um ganz ehrlich zu sein, habe ich mich gelegentlich als Teil einer Schlagzeile gefühlt. Gefangen in einer Geschichte, der ich nicht mehr entrinnen kann. Der Rest der Welt konnte das schon. Konnte wegsehen, konnte weitergehen, konnte sich um das nächste Thema kümmern. Konnte so tun, als wäre der Tod nichts anderes als eine schnelle Überschrift, die morgen wieder ausgewechselt wird.

Warum will niemand darüber reden? Ist es, weil es uns die eigene Endlichkeit vor Augen hält? Ist es die Angst davor, dass der Tod vielleicht als nächstes in unser Haus tritt? Meinen wir, es ändert etwas, wenn wir den Blick abwenden oder reden wir nur nicht gerne über Dinge, die unangenehm sind? Ich habe keine Antwort darauf. Meistens, da kann ich mich nur wundern. In einer Zeit in der so ziemlich jedes Thema öffentlich diskutiert und bis ins kleinste Detail breitgetreten wird, würde man doch eigentlich vermuten, dass das menschliche Sterben zumindest einen Teil unserer Aufmerksamkeit bekommt.

Aber nein, über den Tod redet niemand gern. Ich schon.

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