Call Me If You Need Me

Immer wieder stellte ich mir in den vergangenen Jahren die Frage, ob ich ein wenig nachsichtiger sein sollte mit den Menschen in meiner näheren Umgebung. Bin ich zu streng, frage ich mich dann? Und was genau bedeutet es überhaupt, zu streng zu sein? Habe ich zu viel von meinem Umfeld erwartet?

Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Oft muss ich an die Menschen denken, die mir einmal nahe waren und ganz oft frage ich mich, wieviel davon meine Schuld ist, dass wir uns fremd geworden sind. Manchmal denke ich darüber nach, das Gespräch mit ihnen zu suchen. Nur kann ich das nicht. Denn, wenn ich ehrlich bin, dann habe ich ihnen nicht verziehen, dafür, dass sie nicht für mich da waren. Eigentlich, so denke ich heute oft, tut es noch immer weh, dass sie mich in meinem Schmerz nicht ertragen haben. Nicht spürten oder sahen, was ich gebraucht hätte.

Dabei war es gerade in den ersten Wochen und Monaten eigentlich recht simpel: Ich hätte ganz einfach Hilfe gebraucht. Dringend! Und jemanden, der mir zuhört, während ich immer und immer wieder über Dasselbe sprechen wollte. Über gar nichts anderes sprechen konnte. Natürlich kann ich mir vorstellen, wie anstrengend das ist. So viel Schmerz, so viele Tränen und immer wieder dieselben herzzerreißenden Geschichten. Das braucht ja niemand unbedingt in seinem Leben, wenn es nicht sein muss. Und doch liegt genau dort für mich der Sinn von Freundschaft. In der Gewissheit, dass ich nur zum Telefon zu greifen brauche und es da draußen Menschen gibt, die ich anrufen kann. Egal wann. Egal, worum es geht. Auch, wenn ich schon wieder nur über den Trümmerhaufen sprechen möchte, zu dem mein Leben so plötzlich geworden ist.

Umso dankbarer bin ich für jene Freunde, die da sind und von denen ich manchmal glaube, der Himmel hätte sie mir geschickt. Menschen, über die ich gestolpert bin, im Leben und aber auch in meiner Trauer. Die mich ertragen, meinen Erinnerungen Platz einräumen und mir in kleinen Gesten zeigen, dass sie genau wissen was mein Herz berührt. Menschen, die ich anrufen kann und deren Mobilboxen mir zur Verfügung stehen, um abzuladen, wenn sie gerade einmal nicht erreichbar sind. Natürlich, ich bin traurig über alles, das nicht mehr ist, aber ich freue mich auch immer wieder über den Zauber, der in dem Neuen steckt. Und über die Beziehungen, die entstehen dürfen, wenn man ihnen den nötigen Platz einräumt.

Mein Mann hat einen wunderbaren Song geschrieben, den ihr euch hier anhören könnt: Call Me If You Need Me

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