Helden der Kindheit

„Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt.“ Pippi Langstrumpf, so hieß sie, die Heldin meiner Kindheit. Dieses Mädchen mit den orangen Zöpfen verkörperte für mich (wie vermutlich bis heute für viele heranwachsende junge Frauen) alles, was ich einmal sein wollte. Sie war stark, eigenständig, schlagfertig, mit einem unbeugsamen Willen ausgestattet und konnte jeglicher Konfliktsituation standhalten. Immer. Für mich stand fest, genauso wie Pippi, so wollte ich einmal sein.

Neben „meiner“ Pippi, gab es da natürlich noch andere Heldinnen, die mich in jungen Jahren begleiteten und sie alle hatten Eines gemeinsam: Sie machten ihr Ding. Und kümmerten sich dabei reichlich wenig darum, was der Rest der Welt dazu zu sagen hatte. Als kleines Mädchen war ich mir sicher, absolut alles im Leben erreichen zu können, solange ich nur eines nicht vergaß, nämlich mich selbst.

Dann wurde ich erwachsen. Mein Blickwinkel veränderte sich. Und mir wurde langsam, aber doch sehr deutlich bewusst, dass es in der wirklichen Welt wohl ein weniger anders zuging. Die Kinderbücher voller Geschichten, in denen ich mich all die Jahre so gerne verlor und wiederfand, waren eben nur das, Geschichten. Und doch habe ich immer versucht, mir ein wenig Pippi Langstrumpf zu behalten. Ich ließ mich nicht leicht einschüchtern und ging manchmal auch mit dem Kopf durch die Wand. Ich wollte für etwas stehen. Meinen Prinzipien treu bleiben. Was nur leider ganz oft fehlte, war die Leichtigkeit, die meine junge Heldin ja eigentlich ausmachte.

Dann kam der Tod in mein Leben und alles veränderte sich. Plötzlich gab es diese alten Muster nicht mehr. Und auch wenn ich der Sache mit den verlorengegangenen Mustern durchaus etwas Gutes abgewinnen kann, so schmerzt doch selbst diese Realisierung. Wenn mein Bruder noch am Leben wäre, dann könnte auch ich mich noch mit Kleinigkeiten beschäftigen.

Heute kümmere ich mich nicht mehr darum, was andere denken. Mein ganzes Leben lang wollte ich genau das. Dass es mir egal war. Stellte mir vor, wie herrlich es sein müsste, sich auf Knopfdruck in eine Zeit zurückversetzen zu lassen, in der die Träume überwiegten und der Blick aufs Leben ein so herrlich naiver war. Eine Zeit, in der ich das Gefühl hatte, das Leben könne mir niemals etwas anhaben.

Oft auf mich alleine gestellt, blicke ich der Zukunft entgegen und wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Könnte wieder die junge Frau sein die kämpft. Ich wünschte, es würde mich kümmern.

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