Ein bisschen Yoga

Ich mag keine Gruppen. Gruppenarbeit, Gruppensport, Gruppenübung, Gruppenalles, ich kann das nicht besonders gut aushalten. Dabei mag ich andere Menschen eigentlich recht gerne. Wenn ein paar Frauen und Männer jedoch zusammenkommen, um gemeinsam eine Sache zu machen, dann spüre ich recht schnell meinen inneren Widerstand. In Gruppen, die über einen längeren Zeitraum zusammensind, in einem mehrtägigen Seminar, zum Beispiel, da wird es mit der Zeit meist etwas besser. Die Gruppe verkleinert sich ein wenig, zumindest fühlt es sich so an, wenn man sich einlässt und gelegentlich auch austauscht. Trotzdem sind mir Gruppen schon fast ein wenig unheimlich.

Das war auch der Grund, warum ich mich nie zu einem Yogakurs angemeldet habe. Ich fand zwar schon sehr lange, dass sich das alles ganz wundervoll anhörte und bewunderte immer wieder die Zentriertheit und Selbstbestimmtheit, die Yoga Praktizierende für mich ausstrahlten, aber selber konnte ich mich dann doch nicht dazu aufraffen.

Irgendwann einmal habe ich mich zu einem Retreat angemeldet, bei dem es um sehr viel mehr ging, als „nur“ Yoga, aber es war ein wesentlicher Bestandteil in der Woche, die ich dort verbrachte. Ich hatte nicht viel Ahnung, worauf ich mich da eingelassen hatte und staunte immer wieder, wenn ich bei der Ausübung unterschiedlichster Übungen und Techniken, Grenzen erkennen, ausdehnen oder gar sprengen konnte. Woran ich mich aber am meisten erinnere, ist der Schmerz, den ich dabei oft verspürte.

Oft war ich in der Situation, dass ich in einer Übung für mehrere Minuten verharren sollte und doch schon nach den ersten Sekunden so voller Schmerz war, dass ich ans Aufgeben dachte. Unsere wundervolle Kursleiterin führte uns gezielt durch diese Übungen hindurch, lenkte unsere Aufmerksamkeit und auch den Atem dorthin, wo es gerade am dringlichsten gebraucht wurde. Und so lernte ich, wie es geht, Schmerz weit mehr als nur zu ertragen. Ihn anzunehmen und ihm die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die er verdient, ohne daran zu zerbrechen.

Das war ein Moment, in dem ich mich in einer Gruppe geborgen fühlte. Ich wusste, dass wohl die Meisten von uns denselben Schmerz spüren würden. Dieses Ziehen, Zwicken, Irgendwas war wohl allen im Raum in irgendeiner Form vertraut, ließ sich sogar in Worte fassen. Ich weiß noch, wie oft ich dabei weinen musste. Nicht, weil ich den Schmerz nicht aushielt, sondern weil es mir so guttat, diesen Schmerz in meinem Körper zu spüren. Diesen einen Schmerz, den ich in meinem Innersten mit mir herumtrug. Zu wissen, dass dieses Gefühl, diese Grenze, dieses Hindernis für alle spürbar sein würde. Dass ich mich nicht erklären musste, es keiner Beschreibung bedurfte. Ja, dachte ich dabei oft, wenn ich versuchte immer noch einen Schritt weiter über meine eigenen Grenzen zu gehen, so fühlt es sich an. Genauso weh tut es, wenn man jemanden verloren hat. So in etwa fühlt sich ein gebrochenes Herz an.

Nach dem Kurs wollte ich mir das behalten. Ich nahm ein paar Einzelstunden bei der wunderbaren Lehrerin, ließ mir wenige Übungen genau zeigen und praktiziere sie seither wirklich fast jeden Tag. Immer gefolgt von einer kurzen Meditation. Manchmal scheitere ich kläglich, bei dem Versuch Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. Aber auch an jenen Tagen, an denen es mir nicht gelingt, tut es mir gut. Und manchmal, immer öfter, da ist es mehr als das. Viel mehr!

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