Tage an denen es dunkel bleibt

Heute war einer dieser Tage, an denen ich mich einfach nur verstecken wollte. Vor der Welt, vor meiner Familie und auch vor mir selber. Aber das ging nicht. Stattdessen ließ ich mich zu einem kleinen Ausflug in ein benachbartes Dorf überreden, in der Hoffnung, dass die frische Luft mir guttun würde.

Dann traf ich auf Menschen, die ich kenne und mir fiel wieder ein, warum ich keine Lust hatte, mich heute aus den mir vertrauten vier Wänden zu begeben. Ich hasse Smalltalk. Immer hasse ich ihn. Und an Tagen, an denen ich mich kaum aufrecht halten kann, ertrage ich ihn schon gar nicht. Trotzdem wusste ich schon beim Betreten des Spielplatzes, dass mir ein bedeutungsloses Gespräch bevorstand. Eines, aus dem ich nur aussteigen konnte, indem ich unhöflich und forsch sein würde. Heute konnte ich das nicht, mir fehlte dazu schlicht die Kraft.

Also stand ich da und plapperte sinnlos vor mich hin, über Dinge, die unwichtig sind. Inhalte, die so stumpf erscheinen, dass es keinen Unterschied macht, ob man sie sagt oder nicht. Leere Worte eben. Dann kam noch jemand hinzu, drängte sich mitten in dieses Konstrukt aus Bedeutungslosigkeit und überschritt in einer scheinbar belanglosen Frage eine Grenze. Meine Grenze. „Mein Gott, jetzt kenn ich dich erst. Was ihr alles hinter euch habt, schrecklich. Wie geht es euch denn?“ Ich kenne die Frau nicht, weiß nicht einmal ihren Namen. Und doch wühlt es mich auf, was sie sagt. An einem Tag, an dem ich am liebsten nicht aufgestanden wäre, komme ich mit so etwas nicht zurecht. Um ehrlich zu sein, komme ich mit solchen Situationen nie zurecht.

Seitdem ich mit dem Tod an meiner Seite durchs Leben gehe, kann ich nicht sonderlich gut mit Menschen. An den meisten Tagen fühle ich mich so leer, dass ich mich schlicht nicht auf andere einlassen kann. Aber ich habe auch gelernt, ein wenig nachsichtiger zu sein. Mein Schmerz ist eben nicht für alle sichtbar und mein Gegenüber hat auch ein eigenes Leben, trägt mit ziemlicher Sicherheit einen eigenen Rucksack, der den Alltag erschwert. Das sage ich mir oft, wenn ich die Welt um mich herum nicht ertragen kann. Wenn ich das Gefühl habe, ich bräuchte mehr, als mein Umfeld mir geben kann.

Nicht nachsichtig bin ich allerdings, wenn Menschen, die ich nicht kenne, zu denen ich keinerlei Bezug habe, neugierig sind. Smalltalk auf meine Kosten machen. Das ertrage ich nicht. Und ich glaube, ich muss das auch nicht ertragen. Nicht auf Spielplätzen, nicht im Supermarkt, nicht irgendwo. Ich glaube, ich darf mich selber schützen und ich bin der Überzeugung, dass es mich nicht kümmern muss, was andere davon halten.

An Tagen, an denen ich mich am liebsten verkriechen würde, ganz weit hinten, in meinem Körper, da sollte ich genau das tun. Mich zurückziehen. Versuchen, mich meinem Schmerz, meiner Hilflosigkeit zuzuwenden, in der Hoffnung, dass es am Ende des Tages ein bisschen weniger schwer geworden ist. Dass ich mich erholen konnte und meine Batterie die Möglichkeit erhält, sich aufzuladen. Für den nächsten Tag, an dem es dunkel bleibt.

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